Die Sache ist im Kasten

 

Soeben ist die rote Lampe ein letztes Mal erloschen, Aufnahme beendet. Ein entspanntes Ausatmen, dann Applaus, Erleichterung. Es ist geschafft: die erste CD der Bürgerkapelle ist im Kasten. Zweieinhalb Tage harte Arbeit haben die Musikerinnen und Musiker hinter sich. Für die meisten war es die erste CD Einspielung und so wussten viele am Freitagabend noch gar nicht so recht was auf sie zukommen würde, als die den Saal des Dorfgemeinschaftshauses in Oberdorf betraten. An die 40 Mikrofone sind aufgebaut worden und hunderte von Kabelmetern schlängeln sich am Boden. Die Wände sind mit Stoffbahnen verhängt und zwischen den Stuhlreihen gibt es Abschottungen aus Polstern.  „Ich möchte versuchen, jedes Instrument einzeln mit dem Mikrofon einzufangen“, erklärt Michael Vermathen, der Tonmeister für das Projekt. Er und sein Assistent sind von den renommierten Bauer Tonstudios aus Ludwigsburg an den Bodensee gereist. Der Raum soll so wenig wie möglich reflektieren, damit die Klänge aus jedem Register möglichst „sortenrein“ aufgenommen werden. Was dem Tonmeister lieb ist, findet der Musiker nicht zwingend toll, denn plötzlich hört die Flöte den Bass nicht mehr und umgekehrt.  Nach ein paar Runden spielen und den ersten Aufnahmeversuchen hat man sich an den neuen Raumklang gewöhnt.

 

Wieder und wieder spielt die Kapelle die gleichen Passagen, bis der Dirigent und Tonmeister zufrieden sind. „Machen wir gleich nochmals“ ist der häufigste Satz an diesem Wochenende, gleich nach „da brauchen wir noch etwas Material zum Reparieren“. Statistisch gesehen ist nämlich nahezu unmöglich, dass alle 61 Musiker ein Stück fehlerfrei durchspielen. Irgendwo ist immer ein kleiner Kiekser drin, ein Einsatz nicht 100% zusammen oder die Quinte im Schlussakkord ein winziges Bisschen zu tief. Außerdem wären da noch die anderen ungeplanten Zwischenfälle: da raschelt mal ein Notenblatt, ein Fuß stößt an den Mikroständer, draußen röhrt ein Motorrad vorbei und – Frühling hin oder her – warum müssen die Vögel ausgerechnet an den leisesten Stellen so laut zwitschern? Und die Mikrofone lauschen gnadenlos.  „Machen wir gleich nochmals“, kommt die Stimme aus dem Abseits. Vermathen hat sich in einem separaten Raum in einer Art Schaltzentrale verschanzt, von wo er nur per Lautsprecher mit der Kapelle in Verbindung steht - so hört er auch wirklich nur das, was seine Mikrofone einfangen und später auf dem Tonträger zu hören sein wird.

 

Eingespielt werden Werke, die bereits am Wochenende zuvor beim Frühjahrskonzert zum Besten gegeben wurden. Benny Goodmans Swing Klassiker zum Beispiel oder Filmmusik aus dem Kinofilm Robin Hood. „Versucht euch vorzustellen, wie Kevin Costner durch den Wald von Nottingham reitet“ animiert Dirigent Keller seine Musiker. Das Pferd wäre wahrscheinlich nach der sechsten Wiederholung schon schlapp, aber die Musiker müssen tapfer durchhalten, bis die rote Aufnahmelampe erlischt. Das verlangt nicht nur höchste Konzentration, sondern auch Körperspannung. „Mir tut nicht nur die Lippe, sondern alles weh“ sagt eine Musikerin beim wohlverdienten Feierabendbier. Nun, da alles auf Festplatte gebannt ist, ist es noch Aufgabe des Tonstudios, die besten Rosinenstückchen zusammenzuschneiden und das Klangbild ausgewogen abzumischen. Auf den Moment der Übergabe freuen sich jetzt schon alle Mitwirkende des Projekts, wenn sie „Ihre“ erste eigene CD in Händen halten werden. „Für die Vorstellung der fertigen CD werden wir einen geeigneten Rahmen finden“ so der erste Vorstand Harald Breyer. „Aber dann ohne rote Lampe!“ fügt einer der Musiker lachend hinzu. (ek)

 

 

 

Die Kapelle freut sich nach getaner Arbeit auf die fertige CD. Im Vordergrund ein sichtlich erleichterter Dirigent und die Techniker der Bauer Tonstudios.

 

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